Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Stephan Kersten zum Anspruch auf Kündigung einer Direktversicherung
Besteht ein Anspruch auf Kündigung einer Direktversicherung?
Das BAG urteilte, dass der Arbeitgeber nicht durch die finanzielle Notlage eines Arbeitnehmers dazu verpflichtet ist, eine zu Gunsten des Arbeitnehmers geschlossene Direktversicherung zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer mit dem Rückkaufwert dieser Versicherung eine Verbindlichkeit tätigen will.
Im vorliegenden Fall stritten zwei Parteien darüber, ob die Beklagte dazu verpflichtet ist, eine zugunsten des Klägers bestehende Direktversicherung zu kündigen und den Originalversicherungsschein an die Versicherung herauszugeben.
Was war passiert?
Der Kläger war seit dem 1.9.1986 bei der Beklagten angestellt. Am 13.3.2001 vereinbarten die Parteien, dass der Anspruch des Klägers auf einen jährlichen Barlohn von ca. 1000 EURO in einen Anspruch auf die Verschaffung einer Versicherung umgewandelt werden soll. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich, den umgewandelten Betrag in eine Direktversicherung einzuzahlen. Im Mai 2001 wurde auf Antrag beider Parteien die Versicherungsnehmereigenschaft einer vom Kläger bereits im Dezember 2000 bei der A-Lebensversicherung AG abgeschlossenen Lebensversicherung auf die Arbeitgeberin übertragen.
Versicherter dieser Lebensversicherung war der Kläger selbst. Im Falle seines Todes gehen die Versicherungsleistungen auf die Ehefrau des Klägers über. Die am 1.12.2028 ablaufende Versicherung ruhte seit dem Jahr 2009. Der Vertragswert der Lebensversicherung betrug am 1.12.2015 EUR 6932,83. Der Kläger kündigte den Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 10.1.2013. Die Beklagte weigerte sich jedoch, der Kündigung zuzustimmen oder den Vertrag selbst zu kündigen.
Zur Rechtfertigung der Kündigung führte der Kläger seine aktuelle finanzielle Notlage ins Feld. Er stand mit der Rückführung eines Baudarlehens i.H.v. EUR 1775,75 im Rückstand. Um zu verhindern, dass die Bank den Baudarlehensvertrag kündigt und die Zwangsvollstreckung einleitete, benötigte er das Geld aus der Direktversicherung. Er argumentierte, dass die Beklagte seine aktuelle wirtschaftliche Notlage mitverursacht habe, da sie die Entgeltfortzahlungsansprüche aus dem Jahr 2012 erst nach seiner Klage vor Gericht zahlte. Unter anderem beantragte der Kläger die Beklagte zur Kündigung der A-Lebensversicherung zu verurteilen. Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Klage abgewiesen. Das LAG Köln hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger legte daraufhin Revision ein, letztlich jedoch ohne Erfolg.
Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass das LAG die Klage zurecht abgewiesen hatte. Somit war die Beklagte nicht dazu verpflichtet, die Direktversicherung zugunsten des Klägers zu kündigen.
Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) sieht vor, dass der Arbeitnehmer seinen Lebensstandard im Alter zumindest teilweise selbst durch das Zahlen eigener Beträge absichert. Eine Möglichkeit, das angesammelte Kapital zur Begleichung von Schulden zu verwenden, sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Zudem würde dies gegen den Sinn und Zweck des Betriebsrentengesetzes verstoßen.
So verpflichte § 241 II BGB die Parteien eines Schuldverhältnisses zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Belange nach Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Jedoch, so das BAG:
Selbst unter der Beachtung der vom Kläger behaupteten Mitursächlichkeit der Beklagten für seine finanzielle Notlage hat der Kläger somit kein schützenswertes Interesse an einer Auflösung des Versicherungsvertrages.
BAG, Urteil vom 26.04.2018 – 3 AZR 586/16