Achtung Arbeitnehmer: Arbeitgeber kann Rückzahlung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlangen
Wird ein Arbeitnehmer krank, hat er gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 EntgFG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zu einer Dauer von sechs Wochen. Bei einer darüber hinaus fortdauernden Arbeitsunfähigkeit infolge der gleichen Krankheit (Fortsetzungserkrankung), entfällt der Lohnanspruch gegenüber dem Arbeitgeber und weicht einem Anspruch auf Krankengeld, welches durch die gesetzlichen Krankenkassen gewährt wird. Folgt hingegen eine erneute Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Krankheit, entsteht abermals ein Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Dauer von weiteren sechs Wochen.
Kommt es in diesem Zusammenhang zu einer Überzahlung durch den Arbeitgeber, weil aus den eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eine Fortsetzungserkrankung nicht ersichtlich war, kann dieser unter gewissen Umständen einen Rückzahlungsanspruch auch nach Ablauf mehrerer Monate gegenüber dem Arbeitnehmer geltend machen.
So entschied das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 31.03.2021.
In dem dort verhandelten Fall schloss sich nach einer vorangegangenen sechswöchigen Erkrankung der Arbeitnehmerin eine weitere Krankmeldung an. Die hierzu vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde fälschlicherweise als „Erstbescheinigung“ gekennzeichnet. Dies wurde dem klagenden Land durch Mitteilung der zuständigen Krankenkasse erst etwa 17 Monate später bekannt, sodass es seine Arbeitnehmerin 19 Monate nach der Überweisung des zu viel gezahlten Lohns zur Rückzahlung aufforderte – mit Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Antrag des Landes auf Rückzahlung der geleisteten Entgeltfortzahlung für die Zeit der Fortsetzungserkrankung statt. Insbesondere sei die arbeitsvertraglich einbezogene tarifvertragliche Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 TV-L nicht überschritten worden. Demnach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit, wenn sie nicht zuvor schriftlich geltend gemacht wurden.
Fälligkeit trete jedoch erst ein, wenn der Anspruchsteller die tatsächliche Möglichkeit hatte, seinen Anspruch geltend zu machen. Dies sei regelmäßig ab Kenntniserlangung der Fall. In dem, dem Urteil zugrundeliegenden, Fall erfolgte dies mit Schreiben der Krankenkasse.
Im Falle einer länger als sechs Wochen währenden Arbeitsverhinderung ergebe sich auch aus der, in der Rechtsprechung entwickelten, „abgestuften Darlegungs- und Beweislast“ keine Erkundungspflicht des Arbeitgebers. Anders sei es nur, wenn dieser konkrete Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass die neuerliche Krankheit auf denselben Ursachen beruht wie die vorausgehende Erkrankung.
Fazit: Ergibt sich aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht der Krankheitsgrund oder der Umstand, dass es sich um eine Fortsetzungserkrankung handelt und wird infolgedessen ungerechtfertigt Entgeltfortzahlung geleistet, muss der Arbeitnehmer auch Jahre nach der Leistung mit der Rückforderung der überzahlten Summe rechnen.
Für weitergehende Fragen rund um das Thema Arbeitsrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Kersten als Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.