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Arbeitsrecht Berlin Kurfürstendamm – Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten – Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen Unstimmigkeiten im Lebenslauf

Mit Urteil vom 21.02.2019, Aktenzeichen 3 Sa 65/17,  hat das LAG Baden-Würtemberg entschieden, dass eine Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen Unstimmigkeiten im Lebenslauf und im Personalfragebogen und dadurch bedingte sachliche unzutreffende Angaben
wirksam war.
Der Kläger war durch Arbeitsvertrag vom 27.11.2014 bei dem Arbeitgeber als Beklagte im IT-Bereich beschäftigt, wobei der Arbeitgeber vergeblich versuchte, durch mehrere Kündigungen den Kläger seit Mai 2015 „loszuwerden“. Ein Urteil desselben Gerichts vom 08.02.2017 hatte insbesondere festgestellt, dass eine Kündigung vom 24.06.2015 zum 30.09.2015 unwirksam war.
Durch ein bestimmtes Verhalten des Klägers während des Rechtsstreits bemerkte die Beklagte Unstimmigkeiten im Lebenslauf und im Personalfragebogen. Die weitere Klärung dieser mit dem Kläger verlief ergebnislos, insbesondere da er sich im Rahmen
von Nachforschungen durch die Beklagte nicht äußerte und des weiteren nur kleinere Fehler einräumte.
Das LAG hatte ausgeführt, dass die Unstimmigkeiten deutlich ersichtlich sind, sodass eine erfolgte Anfechtung durch die Beklagte vom 27.04.2017 zum 03.05.2015 begründet war.
Zwar hätte der in den USA (im IT-Bereich) vorbestrafte Kläger wegen Ablaufs von Tilgungsfristen nach dem Bundeszentralregistergesetz nichts zu seiner Vorbestrafung angeben müssen .Auch eine Anfechtung hinsichtlich der Vorbestrafung als verkehrswesentliche Eigenschaft
scheide aus, weil ansonsten die Wertungen des Bundezentralregistergesetzes umgangen werden.
Die Anfechtung war aber wegen Unstimmigkeiten bezogen auf den beruflichen Werdegang des Klägers begründet.
Der Kläger hatte den Vorwurf der Beklagten hinsichtlich dieser lediglich bestritten, wozu das LAG ausführte, dass ein pauschales Bestreiten nicht ausreiche, zumal der Kläger bis zum Ende der Verhandlungen immer noch keine Nachweise nachgereicht hatte. So hatte der Kläger im Personalfragebogen angegeben, in den USA in den Jahren 1992-1997 ein Studium absolviert zu haben, wobei Angaben zu den Jahren 1997-2001 fehlten. Sodann wurden mehrere einzelne Berufstätigkeiten zwischen 2001- 2008 angegeben. In der nach Angabe des Klägers maßgeblichen deutschen Version seines eingereichten Lebenslaufs waren diese einzelnen Berufstätigkeiten mit anderen Zeiträumen angegeben. Auch weitere Unstimmigkeiten konnten durch den Kläger nicht aufgeklärt werden. Es war daher auch gerechtfertigt, dass der Arbeitgeber über den Kläger Recherchen im Internet, als auch Nachforschungen in den USA betrieb.
Der Geltung der wirksamen Anfechtung stehe auch nicht ein Urteil desselben Gerichts vom 08.02.2017 entgegen, welches feststellte, dass eine Kündigung vom 24.06.2015 zum 30.09.2015 unwirksam war. Zwar könne sich der Arbeitgeber, so das LAG, nicht darauf berufen in einem späteren Rechtsstreit wie dem hier erwähnten, das Arbeitsverhältnis sei schon vor den genannten Zeitpunkten durch einen anderen Beendigungsgrund aufgelöst werden.Hier spiele aber der Umstand entgegen, dass die Beklagte ohne ihr Verschulden noch gar nicht
in der Lage war zur Zeit des Urteils vom 08.02.2017, in den hier erwähnten Rechtsstreit einzuführen.
Demzufolge greife die Anfechtung vollständig durch.
Aus dem Urteil werde ersichtlich, dass bei auftretenen Unstimmigkeiten, die erst nach früheren geführten Rechtsstreiten auftreten, der Arbeitgeber zu Nachforschungen und Internet-Recherchen berechtigt ist und die Rechtskraft früherer Urteile eine Anfechtung des ursprünglichen Arbeitsvertrages nicht ausschließt.
Der Arbeitnehmer kann dann einfach den nachvollziehbaren Vorwurf des Arbeitgebers wegen der Unstimmigkeiten nicht einfach bestreiten, sondern muss diesem mit Nachweisen entgegentreten.
Sollten Unstimmigkeiten wegen Angaben des Arbeitnehmers wegen seiner beruflichen Qualifikation auftauchen, die ausschlaggebend für die Einstellung waren, so ist dieser zur Aufklärung gehalten. Ansonsten muss er mit einer wirksamen Anfechtung rechnen.