Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Zur Zulässigkeit einer Höchstaltersgrenze in einer Versorgungsregelung
Am 21.09.2021 hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass eine Höchstaltersgrenze in einer betrieblichen Versorgungsregelung weder eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung von Frauen darstellt (BAG 3 AZR 147/21).
Was war passiert?
Die im Juni 1961 geborene Klägerin hatte am 18.07.2016 eine Beschäftigung bei der Beklagten, einer großen Dienstleistungsgewerkschaft, aufgenommen. Die Beklagte gewährt Beschäftigten auf Grund einer entsprechenden Betriebsvereinbarung eine betriebliche Altersversorgung. Voraussetzung für Leistungen aus dieser betrieblichen Altersversorgung ist, dass die/der Beschäftigte bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Klägerin war der Meinung, dass diese Regelung diskriminierend und daher unwirksam sei. Darüber hinaus sei sie auch wegen ihres Geschlechts mittelbar benachteiligt, da nach den typischen Abläufen Frauen ihre Berufstätigkeit häufiger wegen familiärer Verpflichtungen unterbrechen und erst später wieder aufnehmen.
Entscheidung des BAG
Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zu Altersgrenzen hat das BAG entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anmeldung zur Unterstützungskasse hat und von den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung wirksam ausgeschlossen ist.
Keine Altersdiskriminierung
Der Ausschluss der Klägerin, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bereits ihr 55. Lebensjahr vollendet und damit die Höchstaltersgrenze nach der Betriebsvereinbarung überschritten hatte, stelle keine unzulässige Altersdiskriminierung gem. §§ 1, 3 I, § 7 AGG dar. Durch die Höchstaltersgrenze liegt zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters vor. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters aber zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Tatbestände, die unterschiedliche Behandlungen rechtfertigen, sind in § 10 Satz 3 AGG enthalten. Nr. 4 AGG nennt hier die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Die Festlegung einer Altersgrenze als Zugangsvoraussetzung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bewirkt, dass der Arbeitgeber den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren und seine wirtschaftlichen Belastungen besser einschätzen und begrenzen kann. Die Altersgrenze verfolge einen legitimen Zweck, sie sei angemessen und erforderlich. An dieser Beurteilung ändere auch die Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres nichts.
Keine Diskriminierung wegen des Geschlechts
Eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts sei ebenfalls nicht gegeben. Eine Höchstaltersgrenze von 55 Jahren benachteiligt Frauen auch nicht mittelbar. Zutreffend ist zwar, dass Frauen häufiger als Männer ihre Berufstätigkeit unterbrechen und später wieder aufnehmen. Allerdings sei bei typisierender Betrachtung mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor der Vollendung des 55. Lebensjahres zu rechnen. Das BAG verweist insoweit auf seine Entscheidungen von 2013 (3 AZR 356/12 und 3AZR 100/11) sowie auf die Nichtzulassungsentscheidung des BVerfG vom 23.07. 2019 (1 BvR 684/14) – bei denen es sogar um eine Altersgrenze von 50 Jahren gegangen war. Auch die Tatsache, dass Frauen durchschnittlich weniger Versicherungsjahre als Männer aufweisen (nach Statistiken der Deutschen Rentenversicherung aus 2019: 36,5 gegenüber 39 Versicherungsjahren bei Männern) führe nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung. Zwar dürfe der durch die Altersgrenze unberücksichtigte Teil der Berufstätigkeit nicht übermäßig lang sein; der Unterschied sei aber hier nicht so groß, als dass es zu einer unangemessenen Benachteiligung komme.
Fazit
Auch wenn starre Grenzen wegen ihrer Ausschlusswirkungen von den Betroffenen häufig als Härte empfunden werden – gerade auch in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Altersgrenze nur um einen Monat überschritten wurde – sind sie doch für die Kalkulierbarkeit und Rechtssicherheit von Versorgungssystemen unerlässlich. Das BAG knüpft mit der Entscheidung an seine ständige Rechtsprechung an und setzt diese fort.
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