Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in Berlin

Kündigung und Abfindung. Wir für Sie im Arbeitsrecht. Spandau. Charlottenburg-Wilmersdorf. Tegel.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Zur Zulässigkeit einer Höchstaltersgrenze in einer Versorgungsregelung

Am 21.09.2021 hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass eine Höchstaltersgrenze in einer betrieblichen Versorgungsregelung weder eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung noch eine unzulässige mittelbare Benachteiligung von Frauen darstellt (BAG 3 AZR 147/21).

Was war passiert?

Die im Juni 1961 geborene Klägerin hatte am 18.07.2016 eine Beschäftigung bei der Beklagten, einer großen Dienstleistungsgewerkschaft, aufgenommen. Die Beklagte gewährt Beschäftigten auf Grund einer entsprechenden Betriebsvereinbarung eine betriebliche Altersversorgung. Voraussetzung für Leistungen aus dieser betrieblichen Altersversorgung ist, dass die/der Beschäftigte bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Klägerin war der Meinung, dass diese Regelung diskriminierend und daher unwirksam sei. Darüber hinaus sei sie auch wegen ihres Geschlechts mittelbar benachteiligt, da nach den typischen Abläufen Frauen ihre Berufstätigkeit häufiger wegen familiärer Verpflichtungen unterbrechen und erst später wieder aufnehmen.

Entscheidung des BAG

Im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung zu Altersgrenzen hat das BAG entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anmeldung zur Unterstützungskasse hat und von den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung wirksam ausgeschlossen ist.

Keine Altersdiskriminierung

Der Ausschluss der Klägerin, die bei Beginn des Arbeitsverhältnisses bereits ihr 55. Lebensjahr vollendet und damit die Höchstaltersgrenze nach der Betriebsvereinbarung überschritten hatte, stelle keine unzulässige Altersdiskriminierung gem. §§ 1, 3 I, § 7 AGG dar. Durch die Höchstaltersgrenze liegt zwar eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters vor. Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters aber zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Tatbestände, die unterschiedliche Behandlungen rechtfertigen, sind in § 10 Satz 3 AGG enthalten. Nr. 4 AGG nennt hier die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Die Festlegung einer Altersgrenze als Zugangsvoraussetzung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung bewirkt, dass der Arbeitgeber den aus der Versorgungszusage resultierenden Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren und seine wirtschaftlichen Belastungen besser einschätzen und begrenzen kann. Die Altersgrenze verfolge einen legitimen Zweck, sie sei angemessen und erforderlich. An dieser Beurteilung ändere auch die Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres nichts.

Keine Diskriminierung wegen des Geschlechts

 

Eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts sei ebenfalls nicht gegeben. Eine Höchstaltersgrenze von 55 Jahren benachteiligt Frauen auch nicht mittelbar. Zutreffend ist zwar, dass Frauen häufiger als Männer ihre Berufstätigkeit unterbrechen und später wieder aufnehmen. Allerdings sei bei typisierender Betrachtung mit dem Wiedereintritt in das Berufsleben nach Zeiten der Kindererziehung bereits vor der Vollendung des 55. Lebensjahres zu rechnen. Das BAG verweist insoweit auf seine Entscheidungen von 2013 (3 AZR 356/12 und 3AZR 100/11) sowie auf die Nichtzulassungsentscheidung des BVerfG vom 23.07. 2019 (1 BvR 684/14) – bei denen es sogar um eine Altersgrenze von 50 Jahren gegangen war. Auch die Tatsache, dass Frauen durchschnittlich weniger Versicherungsjahre als Männer aufweisen (nach Statistiken der Deutschen Rentenversicherung aus 2019: 36,5 gegenüber 39 Versicherungsjahren bei Männern) führe nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung. Zwar dürfe der durch die Altersgrenze unberücksichtigte Teil der Berufstätigkeit nicht übermäßig lang sein; der Unterschied sei aber hier nicht so groß, als dass es zu einer unangemessenen Benachteiligung komme.

Fazit

Auch wenn starre Grenzen wegen ihrer Ausschlusswirkungen von den Betroffenen häufig als Härte empfunden werden – gerade auch in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Altersgrenze nur um einen Monat überschritten wurde – sind sie doch für die Kalkulierbarkeit und Rechtssicherheit von Versorgungssystemen unerlässlich. Das BAG knüpft mit der Entscheidung an seine ständige Rechtsprechung an und setzt diese fort.

Anspruch betriebliche Altersversorgung Altersklausel Versorgungsordnung Altersdiskriminierung Diskriminierung auf Grund des Geschlechts

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Was war passiert?

Die Klägerin, die bei der Beklagten im öffentlichen Dienst angestellt war und zwischenzeitlich Altersrente bezog, beantragte im November 2006 die Beibehaltung der krankheitsbedingten Entgeltfortzahlung bis zum Ende der 26. Woche auf Grundlage des § 71 BAT (alt). Die Klägerin war bei einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig krankenversichert. Die Beklagte teilte ihr auf den Antrag mit, ein solcher Anspruch setze eine Bescheinigung der gesetzlichen Krankenkasse nach § 240 SGB V voraus, wonach aufgrund individueller Vereinbarung erst ab der 27. Woche ein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Die Klägerin war 2019 und 2020 krankheitsbedingt arbeitsunfähig, wobei ihr die Beklagte jeweils Krankheitsgeld (nur) bis zum Ablauf der 6. Woche zahlte. Die Klägerin meinte nun, ihr stünde ein Zahlungsanspruch bis zur Dauer von 26. Wochen zu.

Rechtliche Würdigung des LAG:

Das LAG wies die Berufung als unbegründet zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Entgeltfortzahlung zwischen der 7. und 26. Woche der Arbeitsunfähigkeit aus § 13 Abs. 3 S. 3 i.V.m. S. 1 TVÜ-L. Denn die Klägerin erfülle die Voraussetzung des § 71 BAT nicht vollständig, da sie am 19. Mai 2006 (Stichtag) keinen Anspruch auf Krankengeld ab der 27. Woche der Arbeitsunfähigkeit hatte. Denn nach Auffassung des Gerichts sei die Konstellation eines bestehenden, aber für den Zeitraum der Entgeltfortzahlung ruhenden Anspruchs auf Krankengeld nicht von § 13 Abs 3 S 3 TVÜ-L erfasst. Dies ergebe eine Auslegung dieser tariflichen Vorschrift, welche diejenigen Beschäftigten erfassen soll, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind und die nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums wegen eines satzungsmäßigen oder individualrechtlichen Ausschlusses des Anspruchs auf das Krankengeld in eine Versorgungslücke fallen würden.

Fazit:

Bei begehrten Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall bis zur Dauer von 26. Wochen im öffentlichen Landesdienst ist zu beachten, dass nur solchen freiwillig gesetzlich versicherten Beschäftigten ein entsprechender Anspruch zusteht, welche aufgrund eines individualrechtlichen oder satzungsmäßigen Anspruchsausschlusses in eine Versorgungslücke fallen würden. Ruhende Ansprüche sind hiervon nicht erfasst.

LAG Rheinland-Pfalz (7. Kammer), Urteil vom 02.06.2021 – 7 Sa 392/20

Anspruch auf Home-Office Tätigkeit statt Änderung des Arbeitsortes?

Kein Anspruch auf Homeoffice – ändert sich der Arbeitsort aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung und ergeht eine Änderungskündigung, hat der Arbeitnehmer nicht zwangsläufig ein Recht darauf, seine Arbeit von zu Hause aus zu verrichten.

So urteilte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil v. 24. März 2021 – 4 Sa 1243/20) in zweiter Instanz, nachdem das Arbeitsgericht Berlin zuvor mit Urteil vom 10. August 2020 anders entschied.

Was war passiert?

Eine in Berlin als Vertriebsassistentin beschäftigte Arbeitnehmerin wehrte sich gegen eine Änderungskündigung. Ihr Arbeitgeber hatte entschieden, die neben der Zentrale in Wuppertal bestehenden fünf Niederlassungen zu schließen und sämtliche Vertriebsaktivitäten ausschließlich in die Zentrale zu verlegen. Ein hierfür nötiger Interessenausgleich und Sozialplan wurde erstellt. Mit der Änderungskündigung wurde ihr die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Wuppertal angeboten. Dies hielt die Arbeitnehmerin jedoch für sozial ungerechtfertigt. Sie war der Auffassung, dass ihr als milderes Mittel die Weiterführung des Beschäftigungsverhältnisses im Homeoffice hätte angeboten werden müssen.

Und das Arbeitsgericht Berlin gab ihr mit seinem Urteil vom 10. August 2020 Recht. Die Kammer war der Ansicht, dass sich der Arbeitgeber nicht dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach darauf beschränkt habe, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die unabdingbar sind und den Arbeitnehmer am wenigsten beeinträchtigen.

Doch damit verstieß es selbst gegen einen bestehenden Grundsatz, nachdem die sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit unternehmerischer Entscheidungen nicht der Überprüfung der Arbeitsgerichte zugänglich ist. Denn es soll allein Sache des Arbeitgebers sein, das Unternehmen durch taktisch günstige Entscheidungen zu Erfolg oder Misserfolg zu führen. Lediglich das tatsächliche Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung, deren Durchsetzung den Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses nach bisherigen Bedingungen zur Folge hat, steht einer Rechts- und Missbrauchskontrolle durch die Gerichte offen. Allein offenkundig unvernünftige oder willkürliche Entscheidungen sind dann gerichtlich aufzuheben.

Dies war im vorliegenden Verfahren jedoch gerade nicht der Fall, weshalb das Urteil in der Berufungsinstanz aufgehoben und die Klage abgewiesen wurde.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg stellte klar, dass die Organisationsentscheidung der Missbrauchskontrolle standhielt. Unter Berücksichtigung der unternehmerischen Entscheidung, den Vertrieb in der Zentrale in Wuppertal zu konzentrieren, sei Homeoffice daher kein geeignetes milderes Mittel. Denn dieses würde genau das Gegenteil dessen bewirken, was von der Geschäftsführung des Unternehmens bezweckt war.

Da jedoch jedes Arbeitsverhältnis und jedes Kündigungsschutzverfahren stets im Einzelfall zu prüfen ist, bleibt anzumerken, dass in der Vergangenheit in einem anderen Verfahren und unter anderen Voraussetzungen bereits ein Anspruch auf Homeoffice bejaht wurde.

Sollten Sie hierzu eine weitergehende Beratung wünschen, steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Kersten als Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.

 

 

Achtung Arbeitnehmer: Arbeitgeber kann Rückzahlung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlangen

Wird ein Arbeitnehmer krank, hat er gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 EntgFG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zu einer Dauer von sechs Wochen. Bei einer darüber hinaus fortdauernden Arbeitsunfähigkeit infolge der gleichen Krankheit (Fortsetzungserkrankung), entfällt der Lohnanspruch gegenüber dem Arbeitgeber und weicht einem Anspruch auf Krankengeld, welches durch die gesetzlichen Krankenkassen gewährt wird. Folgt hingegen eine erneute Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Krankheit, entsteht abermals ein Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Dauer von weiteren sechs Wochen.

Kommt es in diesem Zusammenhang zu einer Überzahlung durch den Arbeitgeber, weil aus den eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eine Fortsetzungserkrankung nicht ersichtlich war, kann dieser unter gewissen Umständen einen Rückzahlungsanspruch auch nach Ablauf mehrerer Monate gegenüber dem Arbeitnehmer geltend machen.

So entschied das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 31.03.2021.

In dem dort verhandelten Fall schloss sich nach einer vorangegangenen sechswöchigen Erkrankung der Arbeitnehmerin eine weitere Krankmeldung an. Die hierzu vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde fälschlicherweise als „Erstbescheinigung“ gekennzeichnet. Dies wurde dem klagenden Land durch Mitteilung der zuständigen Krankenkasse erst etwa 17 Monate später bekannt, sodass es seine Arbeitnehmerin 19 Monate nach der Überweisung des zu viel gezahlten Lohns zur Rückzahlung aufforderte – mit Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Antrag des Landes auf Rückzahlung der geleisteten Entgeltfortzahlung für die Zeit der Fortsetzungserkrankung statt. Insbesondere sei die arbeitsvertraglich einbezogene tarifvertragliche Ausschlussfrist gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 TV-L nicht überschritten worden. Demnach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit, wenn sie nicht zuvor schriftlich geltend gemacht wurden.

Fälligkeit trete jedoch erst ein, wenn der Anspruchsteller die tatsächliche Möglichkeit hatte, seinen Anspruch geltend zu machen. Dies sei regelmäßig ab Kenntniserlangung der Fall. In dem, dem Urteil zugrundeliegenden, Fall erfolgte dies mit Schreiben der Krankenkasse.

Im Falle einer länger als sechs Wochen währenden Arbeitsverhinderung ergebe sich auch aus der, in der Rechtsprechung entwickelten, „abgestuften Darlegungs- und Beweislast“ keine Erkundungspflicht des Arbeitgebers. Anders sei es nur, wenn dieser konkrete Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass die neuerliche Krankheit auf denselben Ursachen beruht wie die vorausgehende Erkrankung.

Fazit: Ergibt sich aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht der Krankheitsgrund oder der Umstand, dass es sich um eine Fortsetzungserkrankung handelt und wird infolgedessen ungerechtfertigt Entgeltfortzahlung geleistet, muss der Arbeitnehmer auch Jahre nach der Leistung mit der Rückforderung der überzahlten Summe rechnen.

Für weitergehende Fragen rund um das Thema Arbeitsrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Kersten als Fachanwalt für Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.

 

Corona Impfung: Keine Vergütungspflicht des Arbeitgebers für die Wahrnehmung eines Corona-Impftermins während der Arbeitszeit

Für die Zeit, die Arbeitnehmer aufgrund von Terminen für die Schutzimpfungen gegen das Coronavirus ihrer Arbeit fernbleiben, verlieren ArbeitnehmerInnen ihren Vergütungsanspruch. Folgende Gründe lassen sich gegen die Annahme einer Vergütungspflicht des Arbeitgebers aufführen:

Gegen einen Vergütungsanspruch aus § 611a Abs. 2 iVm. dem Arbeitsvertrag spricht der Grundsatz „Kein Geld ohne Arbeit“. Vergütet werden danach nur Aufgaben, die dem arbeitgeberseitigen Bedürfnis zuzuordnen sind. Eine Schutzimpfung dient – auch wenn sie durch den Arbeitgeber angewiesen ist – vorrangig dem Schutz der Allgemeinheit und der geimpften Person selbst.

Ein Vergütungsanspruch aus tariflichen Regelungen besteht grundsätzlich nur für während der Arbeitszeit entstehende erforderliche Abwesenheits- und Wegezeiten im Falle einer ärztlichen Behandlung. Das Merkmal Behandlung umfasst, gestützt auf §§ 27 ff. SGB V, Leistungen bei Krankheit des Arbeitnehmers sowie ärztlich angeordnete Vorsorgeuntersuchungen. Bei der Schutzimpfung handelt es sich indes um eine Leistung zur Vorbeugung der Erkrankung, die nicht unter das Merkmal Behandlung fällt.
Darüber hinaus entfällt der Anspruch mangels Erforderlichkeit der Abwesenheit auch dann, wenn die Möglichkeit besteht, die Schutzimpfung außerhalb der Arbeitszeiten wahrzunehmen. Das trifft aufgrund der Option einen „Wunschtermin“ auszuwählen grundsätzlich auch für Arbeitnehmer zu, die ihre Arbeitszeit nicht selbst bestimmen können.

Auch ein auf § 616 BGB gestützter Vergütungsanspruch ist fernliegend. Davon werden lediglich in der Person liegende Gründe unverschuldeter Verhinderungen die Dienstleistung zu erbringen erfasst. Nicht erfasst werden demgegenüber objektive Leistungshindernisse, die einen Großteil der Bevölkerung treffen. Letzteren ist die Wahrnehmung eines Impftermins zuzuordnen. Zusätzlich ist auch an dieser Stelle – entsprechend den obigen Ausführungen – die Möglichkeit der Terminierung außerhalb der Arbeitszeit zu beachten.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten: Außerordentliche Kündigung bei vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

Arbeitgeber scheitern regelmäßig daran, einem Arbeitnehmer wirksam zu kündigen, wenn der Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit besteht. Das Landesarbeitsgericht Köln hat nun zugunsten eines Arbeitgebers entschieden (LAG Köln, Urteil vom 07.07.2017 – 4 Sa 936/16)

In dem dem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte eine Kölner Angestellte sich genau für den Zeitraum krankgemeldet und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihrer Hausärztin vorgelegt, für den sie zuvor erfolglos Urlaub beantragt hatte. Der Arbeitgeber beauftragte daraufhin einen Detektiv. Nach einer Anhörung der Arbeitnehmerin und nachdem sie mit den Ergebnissen des Detektivs konfrontiert wurde, kündigte ihr der Arbeitgeber außerordentlich aufgrund des dringenden Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit. Auf die Kündigungsschutzklage der Angestellten hin, erhob der Arbeitgeber Widerklage, mit der er von ihr Schadensersatz in Höhe der Detektivkosten geltend machte.

Das LAG Köln gab dem Arbeitgeber recht und stellte fest, dass die Kündigung wirksam ist. Eine Vielzahl von Faktoren sprächen dafür, dass die Angestellte nicht tatsächlich erkrankt gewesen sei. Der daher bestehende dringende Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit erschüttere die Beweiskraft des vorliegenden ärztlichen Attests dahingehend. Auch die anschließende Zeugenbefragung der behandelnden Ärztin vermochte nicht die Zweifel des Gerichts auszuräumen. Die Ärztin habe zwar angegeben, die Arbeitnehmerin aufgrund eines psychischen Ausnahmezustands für arbeitsunfähig gehalten zu haben, sie habe aber keine objektive Diagnose gestellt und sich insbesondere auf die Angaben der Patientin verlassen, ohne diese kritisch zu hinterfragen.

Der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12) folgend, muss die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber wegen einer arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung Schadensersatz in Höhe der Detektivkosten leisten. Die Voraussetzungen hierfür sah das LAG Köln aufgrund der Fülle an Verdachtsmomenten als erfüllt.

Welche Maßnahmen kann der Arbeitgeber ergreifen, wenn Mitarbeitende sich nicht an die geltenden Abstands- und Hygieneregeln halten sowie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Betrieb verweigern?

Gem. § 618 BGB trifft den Arbeitgebenden die Pflicht zu Schutzmaßnahmen. Eine Konkretisierung dieser Regelung stellt der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard vom 20. August 2020 dar. So muss der Arbeitgeber bei der Gestaltung der Arbeitsplätze den Sicherheitsabstand von 1,5 Meter wahren und für ausreichende Lüftungsmaßnahmen, Absperrungen o.ä. sorgen sowie Kontaktreduzierungen anweisen.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um den Schutzanforderungen zu genügen, müssen im Betrieb Mund-Nasen-Bedeckungen getragen werden. Seit dem 1. Dezember 2020 gilt ohnehin aufgrund des Beschlusses vom 25. November 2020 in Arbeits- und Betriebstätten eine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, mit Ausnahme des eigentlichen Arbeitsplatzes, solange dort ein Abstand von 1,5 Metern gewährleistet ist.

Sollte ein Mitarbeitender nun entgegen der Verpflichtung keine Mund-Nase-Bedeckung tragen, kann er zunächst abgemahnt und ihm in einem weiteren Schritt auch gekündigt werden. Gegebenenfalls wäre sogar eine außerordentliche Kündigung möglich, sofern sich der Arbeitgeber durch die Verweigerungshaltung des Mitarbeitenden Haftungsrisiken und finanziellen Nachteilen aussetzten würde. Geht der Mitarbeitende noch einen Schritt weiter und mobilisiert andere Kollegen dahingehend, die vom Arbeitgeber getroffenen Schutzmaßnahmen zu missachten, darf der Arbeitgeber nach einer Abmahnung ebenfalls kündigen. Der Arbeitgeber braucht es in einem solchen Fall nicht hinzunehmen, dass von ihm erarbeitete und verpflichtende Hygienekonzepte von den Mitarbeitenden seines Betriebs boykottiert werden.

Arbeitsrecht in Zeiten von Corona: Hat der Arbeitnehmer einen Entgeltzahlungsanspruch wenn er sich in amtliche Quarantäne begeben muss?

Ja, den hat er. Bei Verdacht auf eine Ansteckung mit dem Coronavirus kann das Gesundheitsamt gemäß der §§ 30, 31 des Infektionsschutzgesetzes Quarantäne verhängen. Damit kann der Arbeitnehmer seinen Pflichten nicht mehr nachkommen und verliert auch seinen Lohnanspruch. Dafür erhält er nach § 56 I, II, V Infektionsschutzgesetz für die Dauer von bis zu 6 Wochen eine Entschädigung in Höhe seines Verdienstausfalls vom Arbeitgeber. Geht die Quarantäne über 6 Wochen hinaus, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Krankengeld.

Hat der Arbeitnehmer Krankheitssymptome, hat der er wie bei jeder Krankheit bei Krankschreibung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz einen Anspruch auf seinen vollen Lohn bis zu sechs Wochen.

Arbeitsrecht und Corona Pandemie – Habe ich Entgeltfortzahlungsansprüche bei einer kurzzeitigen Betriebsschließung?

Eine der derzeit dringendsten Fragen, die derzeit immer wieder an unsere Kanzlei herangetragen wird, hat mit amtlich verordneten Betriebsschließung und deren Auswirkungen auf das monatliche Gehalt zu tun. Grundsätzlich gilt hier das Folgende:

Wird ein Betrieb auf eine behördliche Anordnung hin geschlossen, muss der Arbeitgeber grundsätzlich trotzdem Lohn an die arbeitsfähigen und arbeitsbereiten Beschäftigten zahlen. Die Arbeitsstunden müssen nicht nachgearbeitet werden. Der Arbeitgeber trägt insoweit das Betriebsrisiko, welches mit höherer Gewalt oder behördlichen Anordnungen auch äußere Umstände umfasst. Zu einem anderen Ergebnis kann man hingegen kommen, wenn der Betrieb so schwer getroffen wird, dass seine wirtschaftliche Existenz bei Fortzahlung der vollen Löhne gefährdet wäre (BAG, Urteil vom 09.03.1983, 4 AZR 301/80).

Arbeitsrecht Berlin Kurfürstendamm – Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten – Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen Unstimmigkeiten im Lebenslauf

Mit Urteil vom 21.02.2019, Aktenzeichen 3 Sa 65/17,  hat das LAG Baden-Würtemberg entschieden, dass eine Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen Unstimmigkeiten im Lebenslauf und im Personalfragebogen und dadurch bedingte sachliche unzutreffende Angaben
wirksam war.
Der Kläger war durch Arbeitsvertrag vom 27.11.2014 bei dem Arbeitgeber als Beklagte im IT-Bereich beschäftigt, wobei der Arbeitgeber vergeblich versuchte, durch mehrere Kündigungen den Kläger seit Mai 2015 „loszuwerden“. Ein Urteil desselben Gerichts vom 08.02.2017 hatte insbesondere festgestellt, dass eine Kündigung vom 24.06.2015 zum 30.09.2015 unwirksam war.
Durch ein bestimmtes Verhalten des Klägers während des Rechtsstreits bemerkte die Beklagte Unstimmigkeiten im Lebenslauf und im Personalfragebogen. Die weitere Klärung dieser mit dem Kläger verlief ergebnislos, insbesondere da er sich im Rahmen
von Nachforschungen durch die Beklagte nicht äußerte und des weiteren nur kleinere Fehler einräumte.
Das LAG hatte ausgeführt, dass die Unstimmigkeiten deutlich ersichtlich sind, sodass eine erfolgte Anfechtung durch die Beklagte vom 27.04.2017 zum 03.05.2015 begründet war.
Zwar hätte der in den USA (im IT-Bereich) vorbestrafte Kläger wegen Ablaufs von Tilgungsfristen nach dem Bundeszentralregistergesetz nichts zu seiner Vorbestrafung angeben müssen .Auch eine Anfechtung hinsichtlich der Vorbestrafung als verkehrswesentliche Eigenschaft
scheide aus, weil ansonsten die Wertungen des Bundezentralregistergesetzes umgangen werden.
Die Anfechtung war aber wegen Unstimmigkeiten bezogen auf den beruflichen Werdegang des Klägers begründet.
Der Kläger hatte den Vorwurf der Beklagten hinsichtlich dieser lediglich bestritten, wozu das LAG ausführte, dass ein pauschales Bestreiten nicht ausreiche, zumal der Kläger bis zum Ende der Verhandlungen immer noch keine Nachweise nachgereicht hatte. So hatte der Kläger im Personalfragebogen angegeben, in den USA in den Jahren 1992-1997 ein Studium absolviert zu haben, wobei Angaben zu den Jahren 1997-2001 fehlten. Sodann wurden mehrere einzelne Berufstätigkeiten zwischen 2001- 2008 angegeben. In der nach Angabe des Klägers maßgeblichen deutschen Version seines eingereichten Lebenslaufs waren diese einzelnen Berufstätigkeiten mit anderen Zeiträumen angegeben. Auch weitere Unstimmigkeiten konnten durch den Kläger nicht aufgeklärt werden. Es war daher auch gerechtfertigt, dass der Arbeitgeber über den Kläger Recherchen im Internet, als auch Nachforschungen in den USA betrieb.
Der Geltung der wirksamen Anfechtung stehe auch nicht ein Urteil desselben Gerichts vom 08.02.2017 entgegen, welches feststellte, dass eine Kündigung vom 24.06.2015 zum 30.09.2015 unwirksam war. Zwar könne sich der Arbeitgeber, so das LAG, nicht darauf berufen in einem späteren Rechtsstreit wie dem hier erwähnten, das Arbeitsverhältnis sei schon vor den genannten Zeitpunkten durch einen anderen Beendigungsgrund aufgelöst werden.Hier spiele aber der Umstand entgegen, dass die Beklagte ohne ihr Verschulden noch gar nicht
in der Lage war zur Zeit des Urteils vom 08.02.2017, in den hier erwähnten Rechtsstreit einzuführen.
Demzufolge greife die Anfechtung vollständig durch.
Aus dem Urteil werde ersichtlich, dass bei auftretenen Unstimmigkeiten, die erst nach früheren geführten Rechtsstreiten auftreten, der Arbeitgeber zu Nachforschungen und Internet-Recherchen berechtigt ist und die Rechtskraft früherer Urteile eine Anfechtung des ursprünglichen Arbeitsvertrages nicht ausschließt.
Der Arbeitnehmer kann dann einfach den nachvollziehbaren Vorwurf des Arbeitgebers wegen der Unstimmigkeiten nicht einfach bestreiten, sondern muss diesem mit Nachweisen entgegentreten.
Sollten Unstimmigkeiten wegen Angaben des Arbeitnehmers wegen seiner beruflichen Qualifikation auftauchen, die ausschlaggebend für die Einstellung waren, so ist dieser zur Aufklärung gehalten. Ansonsten muss er mit einer wirksamen Anfechtung rechnen.