Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in Berlin

Kündigung und Abfindung. Wir für Sie im Arbeitsrecht. Spandau. Charlottenburg-Wilmersdorf. Tegel.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Charlottenburg: Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden

Durch Urteil vom 20.03.2018 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine Vereinbarung, die vor Ende einer Ausbildung getroffen werde und die eine Befristung eines zukünftigen Arbeitsverhältnisses zum Gegenstand hat, unwirksam ist, wenn der Auszubildende schon vor Bestätigung über die bestandene Ausbildungsprüfung die vereinbarte Weiterbeschäftigung beginnt.

Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass laut Ausbildungsvertrag die Ausbildung am 31.08.2014 endet und ein anschließendes befristetes Arbeitsverhältnis vom 30.08.2014 – 31.08.2016 vereinbart war. Der Auszubildende bestand seine letzte Prüfung eine Woche vor der Ende der Ausbildung und erhielt eine schriftliche Bestätigung darüber von der Ausbildungsleiterin. Dabei begann er bereits vom 25.08. – 29.08.2014 vor Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses zu arbeiten.

Aufgrund der Weiterbeschäftigung und der schriftlichen Bestätigung der Ausbildungsleiterin kam das BAG zu der Ansicht, dass die Befristung unwirksam sei und § 24 BBiG gelte.

BAG, U.v. 20.03.2018, – 9 AZR 479/19 –

Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Mobbing am Arbeitsplatz führt zu Schadensersatz

Wann führt Mobbing am Arbeitsplatz zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber?

I.

Ist ein Arbeitnehmer einem Mobbing am Arbeitsplatz ausgesetzt, können ihm daraus u.U. Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber erwachsen. Neben einem vertraglichen Schadensersatzanspruch aufgrund einer sog. Nebenpflichtverletzung (§§ 280 I, 241 II BGB) kommen auch deliktische Anspruchsgrundlagen (§§ 823 I, II, 826, 831 BGB) durch Verletzung der Rechtsgüter und/ oder der sog. absoluten Rechte des Arbeitnehmers in Betracht. Im Einzelnen:

Bei vertraglichen Nebenpflichten handelt es sich um Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragspartners, welche neben der Hauptleistungspflicht besteht. Sie verpflichten den Arbeitgeber u.a. dazu, auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn vor Gesundheitsgefahren – auch psychischer Art – zu schützen und ihn keinem Verhalten auszusetzen, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (BAG, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06 –).

Daraus folgt zum einen, dass genannte Beeinträchtigungen nicht durch den Arbeitgeber selbst verursacht werden dürfen. Zum anderen folgen daraus Organisationspflichten des Arbeitgebers derart, dem Arbeitnehmer ein Arbeitsumfeld zu verschaffen, in welchem dieser den Beeinträchtigungen durch andere nicht ausgesetzt ist. Ob dies etwa durch eine Versetzung des betroffenen Arbeitnehmers, dessen Platzwechsel, Aufklärungs- bzw. Schlichtungsgespräche oder der Entfernung desjenigen, von dem das Mobbing ausgeht, umgesetzt wird, obliegt der Ermessenentscheidung des Arbeitgebers. Dieser muss nur solche Maßnahmen ergreifen, die er nach den Umständen des Einzelfalles als verhältnismäßig ansehen darf und die ihm zumutbar sind. Der betroffene Arbeitnehmer hat aber einen Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 25. Oktober 2007 – 8 AZR 593/06 –). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber von den Verletzungen der Rechte oder Rechtsgüter des Arbeitnehmers durch andere Arbeitnehmer Kenntnis haben muss, um auf diese mit entsprechenden Maßnahmen reagieren zu können (BAG, Urteil vom 16. Mai 2007 – 8 AZR 709/06 –).

Im Rahmen deliktischer Ansprüche ist ein Schadensersatz bei der widerrechtlichen Verletzung von Rechtsgütern als auch sog. absoluten Rechten vorgesehen. Als Rechtsgut ist u.a. die Gesundheit zu nennen, deren Beeinträchtigung im Rahmen eines Mobbings besondere Relevanz zukommt. Eine Verletzung der Gesundheit ist bei der Störung körperlicher, geistiger oder seelischer Vorgänge gegeben. Das Hervorrufen psychischer Erkrankungen (dazu zählen etwa auch Depressionen, Angstzustände oder Panikattacken), soweit diese medizinisch feststellbar sind, stellt solch eine Verletzung dar.

Als sog. absolutes Recht ist die Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.S.d. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG zu nennen. Dieser umfasst u.a. den sozialen Geltungsanspruch, welcher wiederum den Schutz gegen unwahre Behauptungen und den Schutz gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen einschließt (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – 8 AZR 838/13 –).

II.

Im jeweiligen Einzelfall ist daher zunächst zu klären, ob ein rechtsrelevantes Verhalten in Form des Mobbings, dessen Begriff im rechtlichen Sinne nicht definiert ist, überhaupt vorliegt. Denn – so das BAG in 8 AZR 351/15 – nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder ungerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (z.B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung) begründet eine Pflicht- oder Rechtsgutsverletzung.

Anders verhält es sich hingegen dann, wenn das Verhalten des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer eine derartige Qualität erreicht, dass die Würde des davon betroffenen Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Dabei stellt das BAG klar, dass bei Vorliegen mehrerer Vorkommnissen, welche jeweils im einzelnen betrachtet zwar keine Pflicht- oder Rechtsverletzung begründen mögen, eine Gesamtbetrachtung der ihnen zugrunde liegenden Systematik und Zielrichtung dennoch zur Bejahung einer Pflicht- oder Rechtsverletzung führen kann.

Dem betroffenen Arbeitnehmer obliegt in einem möglichen Gerichtsverfahren dabei regelmäßig die Darlegungs- und Beweislast dahingehend, dass ein solches Mobbing sattgefunden hat. Im Hinblick auf die Erfolgsaussichten bedeutet dies, dass betreffende Verhaltensweisen im Idealfall zuvor durch den Betroffenen dokumentiert wurden, um diese im Prozess genau wie möglich bezeichnen zu können.

III.

Über die bereits unter Punkt I. aufgezeigten Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber (Mobbing durch diesen selbst; Unterlassen adäquater Schutzmaßnahmen) hinaus ist ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aufgrund Nebenpflichtverletzung nicht deshalb ausgeschlossen, wenn das Mobbing von anderen Mitarbeitern ausgeht. Arbeitnehmer sind insoweit Erfüllungsgehilfen, deren schuldhafte Rechtsverletzungen dem Arbeitgeber wie eigenes Verschulden zuzurechnen sind. Dabei ist jedoch erforderlich, dass die schuldhafte Handlung des handelnden Mitarbeiters in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die der Arbeitgeber ihm zugewiesen hat. Ein solcher Zusammenhang ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Erfüllungsgehilfe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers konkretisiert oder wenn er ihm gegenüber Weisungsbefugnis besitzt (BAG, Urteil vom 15. September 2016 – 8 AZR 351/15 –).

Im Rahmen deliktischer Ansprüche haftet grundsätzlich jeder für eigenes Verschulden. Insoweit ist ein entsprechender Schadensersatzanspruch insbesondere dann gegeben, wenn die Mobbinghandlungen entweder unmittelbar vom Arbeitgeber selbst ausgehen oder er Rechtsgüter bzw. absolute Rechte des Arbeitnehmers durch schuldhaftes Unterlassen seiner Organisationspflichten (siehe unter Punkt I.) verletzt.

IV.

Neben dem dargelegten Ersatzanspruch für materielle und immaterielle Schäden kommt des Weiteren auch ein Anspruch auf billige Entschädigung in Geld nach § 253 II BGB in Betracht. Dies gilt für die Fälle, in denen das Mobbing zu einer Gesundheitsschädigung, wie sie oben dargelegt ist, geführt hat.

Ist zwar eine Verletzung nicht der Gesundheit, jedoch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegeben, kommt ebenfalls ein Entschädigungsanspruch in Betracht. Dieser folgt indes nicht aus § 253 II BGB, sondern vielmehr aus unmittelbar aus § 823 I BGB i.V.m. Art. 2 I i.V.m. art. 1 I GG und erfasst solche Fälle, denen eine besonders schwerwiegende, nicht anders zu kompensierende Ehrverletzung zugrunde liegt (BAG, Urteil vom 15. September 2016 – 8 AZR 351/15 –).

Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten

Rechtsreferandarin Aylin Arukaslan

Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Kündigung nach Arbeitsverweigerung

Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten: Beharrliche Arbeitsverweigerung kann einen fristlosen Kündigungsgrund darstellen

Folgender Sachverhalt liegt einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde:

Zwischen der Klägerin und anderen Mitarbeitern kam es immer wieder zu Konflikten. Die daraufhin getroffenen Maßnahmen zur Lösung der Konfliktlage blieben erfolglos, so dass die Klägerin auf einen anderen Arbeitsplatz, der aus ihrer Sicht nicht zumutbar gewesen sei, versetzt worden ist. Aufgrund von Arbeitsverweigerung erhielt die Klägerin nach vorherigen Abmahnungen eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche, Kündigung. Der Kündigungsschutzklage haben die Vorinstanzen stattgegeben.

Das BAG hat sodann entschieden, dass die beharrliche Arbeitsverweigerung eine außerordentliche Kündigung grundsätzlich rechtfertigen kann. Dies gilt für eine Weigerung der Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung sowie für die Verletzung von Nebenpflichten. Falls die Weigerung in der Annahme geschieht, der Arbeitnehmer handele rechtmäßig, hat er generell selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als falsch erweist. Eine durch den Arbeitgeber erfolgte Weisung im Rahmen des Direktionsrechts (Ausübung nach billigem Ermessen) muss Folge geleistet werden.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts kann die Zuweisung eines Arbeitsplatzes, der den Arbeitsschutznormen nicht vollumfänglich genügt, billigem Ermessen entsprechen, wenn es sich um geringfügige oder kurzzeitige Verstöße handelt, die keinen nachhaltigen Schaden bewirken können.

Zudem können Nebenarbeiten dem Arbeitnehmer im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden, wenn sie dem Arbeitsvertrag entsprechen. Des Weiteren hat das BAG festgehalten, dass bei Beschwerden über das Verhalten einzelner Arbeitnehmer aus der Abteilung eine Versetzung angemessen, im Zweifel sogar geboten, sein kann. Ferner ist ein Arbeitnehmer, der an einem vernetzten Arbeitsplatz arbeitet, nicht isoliert von anderen. So kann die Anordnung, sich per E-Mail an- und abzumelden, zu Kontrollzwecken zulässig sein.

(BAG, Urteil vom 28.06.2018, 2 AZR 436/17)

Charlottenburg Arbeitsrecht: Voraussetzungen einer Sperrzeit und die mit der neuen Geschäftsanweisung zum § 159 SGB III einhergehenden Veränderungen.

LINDEMANN Rechtsanwälte

Kurfürstendamm 62

10707 Berlin

 

Stephan Kersten | Fachanwalt für Arbeitsrecht zu den Risiken einer Sperrzeit nach Beednigung des Arbeitsverhältnisses

 

Beim Aufhebungsvertrag zu beachten: Voraussetzungen einer Sperrzeit und die mit der neuen Geschäftsanweisung zum § 159 SGB III einhergehenden Veränderungen.

 

Im Berufsalltag gibt es vielseitige Möglichkeiten ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Die wohl schnellste Option ist der Aufhebungsvertrag, in dem die Beendigung einvernehmlich vertraglich geregelt wird. Positiv ist zwar, dass sich dadurch nicht selten kosten – und zeitaufwändige Kündigungsrechtsstreite vermeiden lassen. Allerdings gestalten sich solche Vertragsverhandlungen bisweilen schwierig. Denn für die Arbeitnehmer ist Vorsicht geboten! Diese müssen beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht selten eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld I hinnehmen.

1. Ruhenszeit nach § 158 Abs. 1 S. 1 SGB III

Wird vertraglich die Leistung einer Abfindungszahlung vereinbart, ist der § 158 SGB III zu beachten. Gemäß § 158 I S.1 SGB III ruht dann der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist geendet hätte. Grund dafür ist, dass während der Kündigungsfrist das sozialversicherungspflichtige Gehalt hätte weitergezahlt werden müssen. Wird jedoch das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet und stattdessen eine Abfindung gezahlt, so wird vermutet, dass mit der Abfindungszahlung die – eigentlich fälligen – Abgaben zur Sozialversicherung eingespart werden sollen. Dies soll jedoch nicht zu Lasten der Arbeitslosenversicherung und damit der Solidargemeinschaft möglich sein.

 

2. Sperrzeit nach § 159 SGB III

Nach § 159 I S.1 SGB III wird der Bezug von Arbeitslosengeld darüber hinaus gesperrt, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhält, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Die Dauer der Sperrzeit liegt dann, nach § 159 III S.1 SGB III, bei grundsätzlich 12 Wochen. Gemäß § 159 I S.2 Nr. 1 SGB III liegt versicherungswidriges Verhalten insbesondere in der Lösung des Beschäftigungs-verhältnisses und damit in der vorsätzlichen Herbeiführung der Arbeitslosigkeit. Genau dies ist beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages jedoch der Fall. Die Sperrzeit lässt sich für den Arbeitnehmer daher nur abwenden, wenn diesem ein „wichtiger Grund“ zur Seite steht. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erkennt einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages dann jedoch an, wenn dem Arbeitnehmer mit einer objektiv rechtmäßigen, betriebsbedingten Kündigung gedroht wird und diesem die Hinnahme der Kündigung nicht zuzumuten war (s.BSG vom 2. 5. 2012 – B 11 AL 6/11 R).

 

3. Geschäftsanweisung zur Sperrzeit (§ 159 SGB III)

Die neue Geschäftsanweisung zur Sperrzeit der Bundesagentur für Arbeit vom 25.01.2017 brachte im Wesentlichen zwei Neuerungen mit sich, welche letztendlich für den Abschluss von Aufhebungsverträgen relevant sind.

 

a) „Wichtiger Grund“ bei personenbedingter Kündigung

Im Unterschied zur oben genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt seit Inkrafttreten der neuen Geschäftsanweisung ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 159 SGB III auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer aus personenbedingten Gründen – wie z.B. Krankheit – ordentlich kündigen könnte. Bis dato war eine drohende Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erforderlich (s.o.).

b) Wegfall der Mindestgrenze

Vor der neuen Regelung musste die Rechtmäßigkeit der Kündigung nicht geprüft werden, wenn eine Abfindung vereinbart wurde, welche mindestens 0,25 Bruttomonatsgehälter pro Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses betrug und die Grenzen des § 1a II S.1 KSchG nicht überstieg – 0,5 Monatsdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Eine Abfindungszahlung war also nur dann „in Ordnung“ wenn sie sich im Rahmen von 0,25 – 0,5 Monatsgehältern pro Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, bewegte. Die Mindestgrenze von 0,25 ist mittlerweile entfallen, so dass unter den neuen Bedingungen bspw. auch Abfindungszahlungen von 0,2 Monatsgehältern pro Arbeitsjahr möglich sind, ohne dass die Bundesagentur die Rechtmäßigkeit der Kündigung prüfen muss.

4. Fazit

Im Ergebnis stellt die Aktualisierung der Geschäftsanweisung zur Sperrzeit sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber eine große Erleichterung dar. Mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs zum „wichtigen Grund“ im Rahmen des § 159 SGB III können Arbeitnehmer in Zukunft leichter einer drohenden Sperrzeit entgehen. Daraus folgt zwangsläufig, dass sie etwaigen Aufhebungsvertragsverhandlungen zukünftig offener gegenüber stehen werden und auch den Arbeitgebern – insbesondere bei der Vereinbarung einer Abfindung – ein größerer Spielraum zur Verfügung steht.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Stephan Kersten zum Anspruch auf Kündigung einer Direktversicherung

Besteht ein Anspruch auf Kündigung einer Direktversicherung?

Das BAG urteilte, dass der Arbeitgeber nicht durch die finanzielle Notlage eines Arbeitnehmers dazu verpflichtet ist, eine zu Gunsten des Arbeitnehmers geschlossene Direktversicherung zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer mit dem Rückkaufwert dieser Versicherung eine Verbindlichkeit tätigen will.

Im vorliegenden Fall stritten zwei Parteien darüber, ob die Beklagte dazu verpflichtet ist, eine zugunsten des Klägers bestehende Direktversicherung zu kündigen und den Originalversicherungsschein an die Versicherung herauszugeben.

Was war passiert?

Der Kläger war seit dem 1.9.1986 bei der Beklagten angestellt. Am 13.3.2001 vereinbarten die Parteien, dass der Anspruch des Klägers auf einen jährlichen Barlohn von ca. 1000 EURO in einen Anspruch auf die Verschaffung einer Versicherung umgewandelt werden soll. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich, den umgewandelten Betrag in eine Direktversicherung einzuzahlen. Im Mai 2001 wurde auf Antrag beider Parteien die Versicherungsnehmereigenschaft einer vom Kläger bereits im Dezember 2000 bei der A-Lebensversicherung AG abgeschlossenen Lebensversicherung auf die Arbeitgeberin übertragen.

Versicherter dieser Lebensversicherung war der Kläger selbst. Im Falle seines Todes gehen die Versicherungsleistungen auf die Ehefrau des Klägers über. Die am 1.12.2028 ablaufende Versicherung ruhte seit dem Jahr 2009. Der Vertragswert der Lebensversicherung betrug am 1.12.2015 EUR 6932,83. Der Kläger kündigte den Versicherungsvertrag mit Schreiben vom 10.1.2013. Die Beklagte weigerte sich jedoch, der Kündigung zuzustimmen oder den Vertrag selbst zu kündigen.

Zur Rechtfertigung der Kündigung führte der Kläger seine aktuelle finanzielle Notlage ins Feld. Er stand mit der Rückführung eines Baudarlehens i.H.v. EUR 1775,75 im Rückstand. Um zu verhindern, dass die Bank den Baudarlehensvertrag kündigt und die Zwangsvollstreckung einleitete, benötigte er das Geld aus der Direktversicherung. Er argumentierte, dass die Beklagte seine aktuelle wirtschaftliche Notlage mitverursacht habe, da sie die Entgeltfortzahlungsansprüche aus dem Jahr 2012 erst nach seiner Klage vor Gericht zahlte. Unter anderem beantragte der Kläger die Beklagte zur Kündigung der A-Lebensversicherung zu verurteilen. Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Klage abgewiesen. Das LAG Köln hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger legte daraufhin Revision ein, letztlich jedoch ohne Erfolg.

Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass das LAG die Klage zurecht abgewiesen hatte. Somit war die Beklagte nicht dazu verpflichtet, die Direktversicherung zugunsten des Klägers zu kündigen.

Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) sieht vor, dass der Arbeitnehmer seinen Lebensstandard im Alter zumindest teilweise selbst durch das Zahlen eigener Beträge absichert. Eine Möglichkeit, das angesammelte Kapital zur Begleichung von Schulden zu verwenden, sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Zudem würde dies gegen den Sinn und Zweck des Betriebsrentengesetzes verstoßen.

So verpflichte § 241 II BGB die Parteien eines Schuldverhältnisses zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Belange nach Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Jedoch, so das BAG:

Selbst unter der Beachtung der vom Kläger behaupteten Mitursächlichkeit der Beklagten für seine finanzielle Notlage hat der Kläger somit kein schützenswertes Interesse an einer Auflösung des Versicherungsvertrages.

BAG, Urteil vom 26.04.2018 – 3 AZR 586/16

Arbeitsrecht Charlottenburg: Rechtsanwalt Stephan Kersten – Ausschlussfristen nach neuester Rechtsprechung

Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in Berlin Charlottenburg und Spandau – Neues zum Thema Ausschlussfristen

Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen werden durch Vergleichsverhandlungen gehemmt.

Anders als die Vorinstanzen urteilte das BAG nun, dass eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, ein vor Gericht gelten zumachender Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zur Vermeidung seines Verfalls, nach § 203 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) solange gehemmt ist, wie die Parteien vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen führen.

Im entsprechenden Fall stritten Arbeitnehmer und Arbeitgeber um Zahlungsansprüche aus dem zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis. Der Kläger war vom 01.01.2014 bis zum 31.07.2015 Angestellter bei dem Beklagten. Der Arbeitsvertrag des Klägers enthielt eine doppelte Ausschlussfrist. Inhalt dieser Klausel war, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit beim Arbeitgeber schriftlich einverlangt und im Falle einer Ablehnung binnen weiterer drei Monate vor Gericht geltend gemacht werden müssen, ansonsten entfielen die Ansprüche.

Der Kläger erhob am 14.09.2015 Anspruch auf die Abgeltung von 32 Urlaubstagen mit einem Gesamtbetrag von 6.387,52 Euro brutto sowie weitere 4.671,88 Euro brutto als Vergütung von 182,25 Überstunden. Dies lehnte der Arbeitgeber mit einem Schreiben vom 28.09.2015 ab, verwies jedoch darauf, dass er eine einvernehmliche Lösung anstrebte. Nach erfolglosen vorgerichtlichen Vergleichsverhandlungen, die bis zum 25.11.2015 andauerten, erhob der Arbeitnehmer am 21.01.2016 die Zahlungsklage beim Arbeitsgericht. Mit der Begründung, dass die Anklage erst nach Ablauf der Ausschlussfrist erhoben wurde, wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Das LAG Nürnberg wies die Berufung des Klägers zurück.

Nachdem der Kläger Revision einlegte, revidierte das BAG die vorinstanzlichen Urteile und verwies den Rechtsstreit zurück an das LAG. Die Begründung des BAG: der Kläger habe die dreimonatige Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche gewahrt, weil die Frist im Zeitraum der Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien nach § 203 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gehemmt gewesen war. Damit unterschied sich die Ansicht des BAG von dem LAG, welches den Anwendungsbereich des § 203 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht für eröffnet sah, da dieser lediglich für den Ablauf von Verjährungsfristen gelte. Somit muss das LAG Nürnberg erneut über den Fall urteilen (BAG, Urteil vom 20. Juni 2018 – 5 AZR 262/17).

Arbeitsrecht Berlin Charlottenburg: Welche Zuschläge zum Arbeitslohn unterliegen der Pfändung

Das Bundesarbeitsgericht hat eine Entscheidung zur Frage veröffentlicht, welche Zuschläge zum Arbeitslohn der Pfändung unterliegen und welche Zuschläge unpfändbar sind (BAG, Urteil vom 2007.2016 – 10 AZR 859/16).

In dem zugrundeliegenden Fall befand sich eine angestellte Hauspflegerin nach einem aufgehobenen Insolvenzverfahren in der sog. Wohlverhaltensphase und hatte ihre pfändbare Vergütung an einen Treuhänder abgetreten. Die Arbeitgeberin führte den nach ihrer Sicht pfändbaren Teil der jeweiligen Nettovergütung an den Treuhänder ab und berücksichtigte hierbei auch die tarifvertraglichen Zuschläge für für Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht, Samstags- und Vorfestarbeit als pfändbar.

Die Angestellte erhob hiergegen Klage, da sie die Zuschläge als unpfändbare Erschwerniszulage im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO ansah und begehrte die Zahlung der zu viel an den Treuhänder gezahlten Summe.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.

Auf die Revision der Arbeitgeberin hob das BAG das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg auf.
Die Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit seien Erschwerniszulagen im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO, da die Nachtruhe besonders gesetzlich geschützt und wegen der besonderen Erschwernis im ArbZG eine Ausgleichspflicht geregelt sei. Bezüglich der Sonntage und der gesetzlichen Feiertage verwies das BAG auf deren verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 139 WRV. Hier gelte ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot nach dem Arbeitszeitgesetz, weshalb von einer besonderen Erschwernis auszugehen sei, wenn an diesen Tagen dennoch gearbeitet werde.

Bezüglich der Schicht-, Samstags- und Vorfestarbeit gebe es keine entsprechende gesetzgeberische Wertung einer besonderen Erschwernis. Zudem müsse der § 850a Nr. 3 ZPO, auch wenn er dem Schuldnerschutz diene, im Sinne der Gläubigerinteressen sachlich begrenzt werden.

Zur Bestimmung des üblichen Rahmens der Zuschläge verwies das BAG auf die Wertungen des Einkommensteuergesetzes zur Steuerfreiheit von Zuschlägen.

Fazit: Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind als Erschwerniszulagen im Rahmen des Üblichen unpfändbar. Zulagen für Schicht-, Samstags und Vorfestarbeit sind dagegen der Pfändung nicht entzogen.

LINDEMANN RECHTSANWÄLTE: Zweiter Standort in Berlin Charlottenburg am Kurfürstendamm 62 eröffnet.

Wir freuen uns, Sie nun auch in der „City West“ an einem weiteren Standort der Kanzlei LINDEMANN RECHTSANWÄLTE am Kurfürstendamm 62 in Berlin Charlottenburg beraten zu können. Die Anschrift lautet:

 

LINDEMANN RECHTSANWÄLTE

Rechtsanwälte | Notar |  Fachanwälte

Kurfürstendamm 62, 10707 Berlin

Telefon 030 367530 23

 

Für unsere Mandanten ändert sich grundsätzlich nichts. Die Altstadt von Berlin Spandau bleibt auch nach 112 Jahren der Hauptstandort unserer Kanzlei. Allerdings möchten wir unseren Service noch weiter ausbauen und einem Teil unserer Mandantschaft die Anfahrtswege mit dem neuen Standort erheblich verkürzen. Noch schnellere Termine   werden somit möglich.

Vereinbaren Sie wie gewohnt Termine mit unserem Sekretariat unter 030 367530 23 oder 030 367530 0.

ACHTUNG: Aufgrund der eingeschränkten Kapazitäten der Sprechanlage am Standort Kurfürstendamm, nutzen Sie bitte die Klingel mit folgender Bezeichnung:

BBvB

Vielen Dank!

Überwachung am Arbeitsplatz kann europarechtswidrig sein

Mit der Entscheidung vom 05. September 2017 (Az. 61496/08 – „Barbulescu“) zeigt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Grenzen einer Überwachung am Arbeitsplatz auf.

Hintergrund der Entscheidung ist die Kündigung eines rumänischen Arbeitnehmers wegen der umfänglichen privaten Nutzung dienstlicher Kommunikationsmittel trotz eines entsprechenden Verbots durch den Arbeitgeber. Bekannt geworden war dem Arbeitgeber diese Nutzung erst nach einer längeren Überwachung der Kommunikation des Arbeitsnehmers. Neben Verkehrsdaten wurde dabei auch der teilweise intime Inhalt der Kommunikation dokumentiert und ausgewertet. Nachdem weder rumänische Gerichte noch die Kammer des EGMR eine Rechtsverletzung feststellen konnten, gab die Große Kammer des EMGR dem Arbeitnehmer nun recht und stellte eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Korrespondenz nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest.

Eine Überwachung der Kommunikation sei zwar grundsätzlich möglich, der Arbeitnehmer müsse hierüber aber vorher durch den Arbeitgeber informiert werden. Weiterhin müsse ein legitimer Grund für die Überwachung vorliegen und keine mildere Überwachungsmethode zur Verfügung stehen.

Arbeitsrecht Berlin: Überwachung am Arbeitsplatz – EGMR stärkt Arbeitnehmerrechte

Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kersten

Mit der Entscheidung vom 05. September 2017 (Az. 61496/08 – „Barbulescu“) zeigt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Grenzen einer Überwachung am Arbeitsplatz auf

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Hintergrund der Entscheidung ist die Kündigung eines rumänischen Arbeitnehmers wegen der umfänglichen privaten Nutzung dienstlicher Kommunikationsmittel trotz eines entsprechenden Verbots durch den Arbeitgeber. Bekannt geworden war dem Arbeitgeber diese Nutzung erst nach einer längeren Überwachung der Kommunikation des Arbeitsnehmers. Neben Verkehrsdaten wurde dabei auch der teilweise intime Inhalt der Kommunikation dokumentiert und ausgewertet.

Nachdem weder rumänische Gerichte noch die Kammer des EGMR eine Rechtsverletzung feststellen konnten, gab die Große Kammer des EMGR dem Arbeitnehmer nun recht und stellte eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Korrespondenz nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest. Eine Überwachung der Kommunikation sei zwar grundsätzlich möglich, der Arbeitnehmer müsse hierüber aber vorher durch den Arbeitgeber informiert werden.

Weiterhin müsse ein legitimer Grund für die Überwachung vorliegen und keine mildere Überwachungsmethode zur Verfügung stehen.