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Einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung

 

Das LArbG Köln hat sich mit seinem Urteil vom 08. Juli 2015 (11 SaGa 11/15) mit einer einstweiligen Verfügung auf Urlaubsgewährung auseinandergesetzt.

Der Arbeitnehmer ist mit einer berufstätigen Ehefrau verheiratet und Vater eines schulpflichtigen sechsjährigen Kindes. Er ist seit Juni 2010 bei seinem Arbeitgeber – ein Mineralöl-Logistik-Unternehmen – als Tanklastfahrer beschäftigt.

Der Arbeitnehmer stellte für die ersten drei Wochen der Schulferien in Nordrhein-Westfalen einen Antrag auf Gewährung von Erholungsurlaub. Der Arbeitgeber lehnte diesen jedoch ab.

Daraufhin leitete der Arbeitnehmer das einstweilige Verfügungsverfahren auf Urlaubsgewährung ein. Gegen das stattgebende erstinstanzliche Urteil hat der Arbeitgeber Berufung eingelegt.

Das LArbG Köln wies die zulässige Berufung zurück. Dabei bestätigt es das ArbG Köln, welches davon ausging, dass ein Arbeitnehmer „grundsätzlich seinen Urlaubsanspruch nach dem BUrlG aus Gründen der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes bei Vorliegen einer besonderen Eilbedürftigkeit gemäß den §§ 935, 940 ZPO, 63 Abs. 1 S. 1 ArbGG im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann“.

Der Arbeitnehmer hat auch einen Verfügungsanspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub für den streitgegenständlichen Zeitraum aus § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG, da der Arbeitgeber keine hinreichenden Tatsachen dafür vorgetragen habe, dass der zeitlichen Festlegung des Urlaubs im Streitfall dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegen stehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Wobei Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer eine Leistungsverweigerung nur dann rechtfertigen, wenn aus betrieblichen Gründen nicht jeder Urlaubswunsch erfüllt werden kann.
Indem der Arbeitgeber nicht hinreichend substantiiert vorgetragen hat, dass im streitigen Zeitraum eine betriebliche Unterbesetzung vorliegt, die dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers entgegen steht, kommt es letztlich nicht darauf an, ob Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer vorrangig sind. Der Arbeitgeber muss sich vielmehr bei seiner Entscheidungsfindung an der konkreten Auftragslage orientieren und darf sich nicht auf eine Prognose zur Urlaubsjahresplanung aufgrund bestimmter Erfahrungswerte der Vergangenheit stützen.

Da der Arbeitgeber jedoch weder die konkrete Auftragslage, die Fahrzeugauslastung, noch die Schichtpläne dargelegt hat, war kein drohender wirtschaftlicher Schaden im Falle der Urlaubsgewährung feststellbar, sodass die durchzuführende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der materiellen Rechtslage und Auswirkungen auf die Interessen der Parteien zu Gunsten des Arbeitnehmers ausfallen musste, der darüber hinaus für sich den grundgesetzlich verbürgten Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG, welcher auch die gemeinsame familiäre Urlaubsgestaltung erfasst, in Anspruch nehmen kann.
Auch wenn unter Umständen der den einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmende Arbeitnehmer durch langes Zuwarten die nach § 940 ZPO erforderliche Dringlichkeit einer Befriedigungsverfügung selbst widerlegen kann, kommt einer aktiven Interessenwahrnehmung durch die außergerichtliche Intervention mithilfe eines Rechtsbeistandes nicht die Bedeutung eines zögerlichen Verhaltens bei, welches die Dringlichkeit selbst widerlegt. Auch bei sofortiger Einleitung eines Hauptsacheverfahrens sei nicht mit einer früheren Entscheidung zu rechnen gewesen.

Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb

Jeder Arbeitnehmer hat das Recht sich gegen eine ungerechtfertigte Kündigung zu wehren. Das im Hinblick hierauf erlassene Kündigungsschutzgesetz nimmt jedoch die Kleinbetriebe aus seinem Geltungsbereich aus, § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG.

Dies lässt die Arbeitnehmer eines Kleinbetriebes allerdings nicht in einem ungeschützten (Rechts-)Raum zurück.

So hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 23. Juli 2015 (6 AZR 457/14) entschieden, dass Arbeitgeber bei Kündigungen im Kleinbetrieb grundsätzlich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berücksichtigen müssen.

Danach kann eine Kündigung unwirksam sein und gegebenenfalls Entschädigungszahlungen nach sich ziehen, wenn ein Arbeitnehmer Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung vermuten lassen und es dem Arbeitgeber seinerseits nicht gelingt diese zu widerlegen.

In dem entschiedenen Fall wehrte sich eine Arzthelferin, die mit vier jüngeren Kolleginnen in einer Gemeinschaftspraxis beschäftigt war, gegen ihre Kündigung. In dem Kündigungsschreiben wurde unter anderem dargelegt, dass die 63-jährige Klägerin „inzwischen pensionsberechtigt“ sei. In dieser Formulierung sah sich die Arzthelferin aufgrund ihres Alters benachteiligt – ihren vier jüngeren Kolleginnen wurde nicht gekündigt.

Die Arzthelferin wendete sich gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangte eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Ihr Arbeitgeber begründete das Kündigungsschreiben damit, dass dieses lediglich freundlich und unverbindlich formuliert werden sollte. Da die Klägerin schlechter qualifiziert sei, sei sie auch nicht mit den anderen Arzthelferinnen vergleichbar. Zudem habe sie überwiegend im Labor gearbeitet und die Kündigung sei wegen einer erforderlichen Umstrukturierung im Laborbereich notwendig.

Nachdem die Vorinstanzen die Klage jeweils abgewiesen hatten, gab das BAG der Revision der Klägerin statt.

Die sechste Kammer des BAG sah in der Kündigung einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und verneinte deshalb deren Wirksamkeit.

Die Erwähnung der Pensionsberechtigung der Klägerin stellte ein hinreichendes Indiz dafür dar, welches eine Altersdiskriminierung vermuten lasse. Der Arbeitgeber habe keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass eine Altersdiskriminierung nicht vorliege und konnte somit diese Vermutung nicht widerlegen.

Zur Entscheidung der Frage ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin ein Entschädigungsanspruch zustehe hat das BAG die Angelegenheit an das zuständige Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Befristung – Fortführung des Arbeitsvertrags nach Rentenbeginn

Nicht jeder Arbeitnehmer möchte nach Erreichen des Rentenalters mit seiner Arbeitstätigkeit aufhören. Manch einer hegt den Wunsch, auch danach noch weiter beschäftigt zu bleiben. Nicht selten gibt es im Arbeitsvertrag jedoch Abreden, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Eintritt des Rentenalters vorsieht.

Der seit dem 01. Juli 2014 gültige § 41 S.3 SGB VI ermöglicht es nunmehr, Vereinbarungen zu treffen, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Rentenalters (auch mehrfach) hinausschieben.

Solche Vereinbarungen unterliegen nicht den Voraussetzungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Abreden, die vor dem 01. Juli 2014 getroffen wurden, fallen allerdings nicht in den Anwendungsbereich des § 41 S. 3 SGB VI und müssen ihrerseits an dem TzBfG gemessen werden.

Für derartige Befristungen hat das BAG mit seinem Urteil vom 11. Februar 2015 (7 AZR 17/13) entschieden, dass ein für die Wirksamkeit einer Befristung erforderlicher sachlicher Grund dann gegeben sein kann, wenn der Arbeitnehmer einerseits Altersrente beanspruchen kann und die Befristung andererseits auch einer konkreten, im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dient.

In dem konkreten Fall ging es um einen langjährig beschäftigten, der das Rentenalter im Januar 2010 erreicht hatte. Abreden zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Altersgründen sah der Arbeitsvertrag nicht vor. Die Vertragsparteien vereinbarten nun die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Jahresende. Diese Vereinbarung wurde im Folgenden auf Wunsch des Arbeitnehmers zweimal verlängert, zuletzt mit Beendigungswirkung zum 31. Dezember 2011.

Der Arbeitnehmer begehrte mit seiner Klage die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung am 31. Dezember 2011 geendet habe.

Das BAG gab der Revision des Arbeitnehmers statt und verwies die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Nach Auffassung des BAG müsse die Wirksamkeit der Befristung anhand des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG gemessen werden. Hierzu bedurfte es in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, die eine Befristung rechtfertigten. Das BAG entschied, dass der Bezug von gesetzlicher Altersrente allein dafür nicht ausreichend sei. Vielmehr sei in diesem Fall zusätzlich erforderlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung der Beklagten diente. Da die Vorinstanz hierzu jedoch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hatte, war die Revision begründet.

Verdacht einer Fortsetzungserkrankung

Nach den grundsätzlichen Prinzipien der Darlegungs- und Beweislast hat jede Partei die zu ihren Gunsten sprechenden Tatsachen vorzutragen. Dieses Prinzip wird allerdings dann in anerkannter Weise durchbrochen, wenn es sich um Tatsachen handelt, die aus dem Verantwortungsbereich der anderen Partei stammen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass jemand grundsätzlich nicht über die nötigen Informationen verfügt, um seinen Einwand substantiiert darzulegen.

Im Geltungsbereich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle (gemäß § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntFG)) oblag es lange Zeit dem Arbeitgeber, darzulegen, dass eine Fortsetzungserkrankung im konkreten Falle vorliege und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung demnach nicht gegeben sei.

In dieser Hinsicht hat sich jedoch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Jahr 2005 geändert (BAG, Urteil vom 13. Juli 2005 (5 AZR 389/04)).

Der Arbeitnehmer kann regelmäßig durch Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 S. 1 EntFG begründen. Die Unkenntnis des Arbeitgebers von den Krankheitsursachen ist jedoch bei der Verteilung der Darlegungslast zum Bestehen einer Fortsetzungserkrankung zu berücksichtigen. Demzufolge wird von dem Arbeitnehmer vor allem innerhalb der Zeiträume des § 3 Abs. 1 S. 2 EntFG nun ebenfalls verlangt, darzulegen, dass es sich nicht um eine Fortsetzungserkrankung handelt.

Bestreitet der Arbeitgeber jedoch das Vorliegen einer neuen Krankheit, kommt die eingangs erwähnte Durchbrechung der Darlegungs- und Beweislast zum Tragen. Hier wird jetzt vom Arbeitnehmer verlangt, diejenigen Tatsachen vorzutragen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen. Dazu hat der Arbeitnehmer regelmäßig seinen Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden.

Dieser geänderten Rechtsprechung hat das BAG letztes Jahr bestätigt und auch viele Landesarbeitsgerichte haben sich der Entscheidung angeschlossen.

Vgl. dazu: BAG, Urteil vom 10. September 2014 (10 AZR 651/12); LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2015 (6 Sa 2098/14); LArbG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Januar 2014 (4 Sa 553/12); LArbG Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Februar 2012 (13 Sa 117/11); LArbG Niedersachsen, Urteil vom 13. April 2007 (3 Sa 1620/06); LArbG Hamm (Westfalen), Urteil vom 18. Januar 2006 (18 Sa 1418/05)

Teilzeitwunsch mit ungewöhnlicher Arbeitszeitverteilung

Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) räumen dem Arbeitnehmer das Recht ein, den Umfang und die Verteilung der Arbeitszeit vorzuschlagen. Dabei kommt in der Praxis oft der Wunsch auf eine Verringerung der Arbeitszeit zur Geltung. Nach Maßgabe des hierfür einschlägigen § 8 TzBfG kann ein Arbeitgeber solche Teilzeitvorschläge nur dann ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte Anfang des Jahres einen solchen Fall zu entscheiden. Der Kläger ist seit 2001 als Pilot bei der Beklagten beschäftigt. Er verlangte von ihr eine Reduzierung seiner regelmäßigen Arbeitszeit und diese darüber hinaus so zu verteilen, dass er an den jeweils letzten sieben Tagen eines Monats nicht arbeiten müsse. Das Luftfahrtunternehmen lehnte das Gesuch des Klägers unter Verweis auf die im Unternehmen gültige Betriebsvereinbarung Teilzeit sowie wegen Personalmangels und möglicher Benachteiligung anderer Kollegen, die über die Weihnachtstage Urlaub nehmen wollten, ab.

Das Bundesarbeitsgericht hat – wie die vorherigen Instanzen auch – mit Urteil vom 20. Januar 2015 (9 AZR 735/15) dem Piloten Recht gegeben.

Dabei entschied der neunte Senat des BAG auch, dass eine Betriebsvereinbarung generell unwirksam sei, wenn diese zuungunsten des Arbeitnehmers vom TzBfG abweiche.

Weiter urteilte das BAG, dass unverhältnismäßige Kosten zwar ein in § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG gesetzlich geregelter Fall eines betrieblichen Grundes darstellen, diese aber nur dann Berücksichtigung finden können, wenn der Arbeitgeber eine konkrete Prognose über die mit der Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit einhergehenden Kosten abgibt. Pauschale Hinweise auf Schulungskosten genügen dafür genauso wenig wie allgemeine Befürchtungen.

Auch der Einwand der möglichen Bevorzugung des Klägers gegenüber anderen Beschäftigten griff nicht durch. Diesbezügliche organisatorische Schwierigkeiten bzw. Beeinträchtigungen wurden von dem Beklagten nicht hinreichend dargelegt. So stellte er ausschließlich die Anzahl der Urlaubsanträge zwischen Weihnachten und Sylvester dar, trug jedoch nicht vor, wie viele Urlaubsanträge gewöhnlich in anderen Zeiträumen gestellt werden.

 

Berlin Arbeitsrecht Mindestlohn: Werden mindestens 8,50 EUR gezahlt?

Der Mindestlohn. Ein arbeitsrechtliches „Highlight“ stellt im Jahr 2015 der Mindestlohn dar. Das Mindestlohngesetz verpflichtet Arbeitgeber verbindlich und branchenunabhängig ab dem 1. Januar dieses Jahres ihrem Arbeitnehmer mindestens 8,50 EUR brutto zu zahlen. Abweichungen sind grundsätzlich unzulässig. Soweit so gut. Zwar gilt diese Regelung nicht für ehrenamtliche Mitarbeiter und Jungendliche ohne Berufsabschluss. Unübersichtlich wird es jedoch bei der Vielzahl von Praktikanten. Muss jetzt auch jeder Praktikant vergütet werden? Dazu sagt der Gesetzgeber zwar grundsätzlich: ja und  bereitet in der Praxis sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern mit einer Vielzahl von Ausnahmen teils nicht unerhebliche Schwierigkeiten. So gilt eine Ausnahme für die klassischen Pflichtpraktika in Ausbildung, Schule oder Studium. Diese Gruppe hat keinen Anspruch auf Vergütung. Anders sieht es jedoch bereits bei den Praktikanten aus, die bei einem Ausbildungsbetrieb länger als drei Monate als beschäftigt waren. Hat der Praktikant bereits bei demselben Arbeitgeber ein Praktikum absolviert, müsste auch er bezahlt werden. Problematisch werden sich in der Praxis zudem die Vielzahl an Orientierungspraktika gestalten. Muss der Arbeitgeber auch die an seinem Unternehmen interessierten Praktikanten bezahlen? Was ist ein Schnupperpraktikum? Feststeht zumindest, dass Ausnahmen für berufliche Einstiegspraktika gemäß § 54 a SGB III gelten. Hier muss der Arbeitgeber nicht zahlen.

Eine weitere Ausnahme gilt für Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate nicht beschäftigt waren. Die Gruppe der sogenannten Langzeitarbeitslosen hat innerhalb der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung ebenfalls keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

Berlin – Luxemburg Arebitsrecht EuGH zur Frage: An- und Heimfahrt = Arbeitszeit

An- und Heimfahrt = Arbeitszeit

Ungewissheiten darüber, was alles als Arbeitszeit angesehen werden kann, wurden nun vom EuGH zumindest in einer Frage geklärt. Dem höchsten europäischen Gericht wurde ein Rechtsstreit aus Spanien mit der Frage vorgelegt, wie die Richtlinie 2003/88 auszulegen sei.

Dem Verfahren lag ein Rechtsstreit zwischen dem Gewerkschaftsverband Federación de Servicios Privados del sindicato Comisiones obreras (CC.OO.) und der Tyco Integrated Security SL und der Tyco Integrated Fire & Security Corporation Servicios SA (im Folgenden zusammen: Tyco) über die Frage zugrunde, was als Arbeitszeit anerkannt werden müsse.

Tyco ist in den meisten Provinzen Spaniens in der Installation und Wartung von Sicherheitssystemen zur Erkennung von Einbrüchen und zur Verhinderung von Einbruchsdiebstählen tätig, verfügt aber nach deren Schließung über keine Regionalbüros mehr.

Die bei Tyco angestellten Techniker installieren und warten Sicherheitsvorrichtungen in Häusern sowie industriellen und gewerblichen Einrichtungen in dem ihnen zugewiesenen Gebiet, das die ganze Provinz oder einen Teil davon oder gelegentlich mehrere Provinzen umfasst. Dabei nutzen sie Firmenfahrzeuge, um von ihrem jeweiligen Wohnort zu den Kunden, die teilweise über 100 km entfernt sind, und wieder zurück zu gelangen.

Tyco bewertete diese Fahrzeit als „Ruhezeit“ wohingegen die Gewerkschaft diese als Arbeitszeit ansah. Das Gericht legte den Rechtsstreit zur Klärung dieser Frage dem EuGH vor.

Dieses hat nun entschieden (EuGH, Urteil vom 10. September 2015 – C-266/14), dass „die Fahrten, die Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort zwischen ihrem Wohnort und dem Standort des ersten und des letzten Kunden des Tages zurücklegen, Arbeitszeit darstellen“.

Dabei bezog es sich auch auf die Unionsrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung – ABl. L 299, S. 9), in der die Arbeitszeit als jede Zeitspanne definiert ist, während deren ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt.

Ein anderes Ergebnis würde dem unionsrechtlichen Ziel des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zuwiderlaufen.

Dem Grundprinzip der Europäischen Union folgend, ist diese Entscheidung auch auf in Deutschland tätige Arbeitnehmer anzuwenden.