Kopftuchverbot: Schadensersatz wegen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?
Darf das Land Berlin einer muslimischen Frau die Stelle als Lehrerin an einer Grundschule verwehren, weil sie im Dienst ein Kopftuch tragen möchte? Oder wiegt hier das Grundrecht der Religionsfreiheit der Lehrerin (Artikel 4 Absatz 1 Grundgesetz) schwerer als das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz?
Mit dieser Abwägung hatte sich am 14.02.2017 das Landes Arbeitsgericht Berlin auseinanderzusetzen (Aktenzeichen: LAG Berlin Brandenburg 14 Sa 1038/16). Dies geschah nicht zum ersten Mal. Bereits am 14.04.2016 klagte die Lehrerin unter Berufung auf § 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf Entschädigung, da ihr eine Stelle als Lehrerin vom Land Berlin aufgrund ihres Kopftuchs verwehrt wurde. Damals hatte das Arbeitsgericht eine verbotene Benachteiligung der Klägerin im Hinblick auf § 2 des Berliner Neutralitätsgesetzes verneint.
§ 2 Berliner Neutralitätsgesetz untersagt u. a. den Lehrkräften in öffentlichen Schulen das Tragen religiös geprägter Kleidungsstücke. Hieran habe sich das beklagte Land halten und die Bewerbung der Klägerin ablehnen dürfen.
Diese Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg jetzt abgeändert und eine Benachteiligung der Klägerin nach § 7 AGG bejaht. Das Berliner Neutralitätsgesetz müsse im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 27.01.2015 (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10) und vom 18.10.2016 (1 BvR 354/11) ausgelegt werden. Nach diesen Entscheidungen, ist die Glaubensfreiheit so hochrangig, dass es zumindest einer konkreten Gefährdung bedarf, um das Tragen eines Kopftuchs zu verbieten. Diese wäre zum Beispiel eine so heftige Streiterei über das Tragen des Kopftuchs an der Schule, dass der „Schulfriede“ gefährdet sei. Solch eine konkrete Gefährdung ließ sich hier jedoch nicht feststellen.
Somit hat das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung des Einzelfalls eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern der Lehrerstelle entsprechend 8.680,00 Euro festgesetzt.
Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht für das Land Berlin die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.